Der 3-teilige Soloabend wird von Mathias Schwerbrocks 10-minütigem s/w Film eingeleitet. Der englische Fotograf Edward Muybridge studierte im 19. Jahrhundert Bewegungsabläufe und beobachtete die Körper von Menschen und Tieren vor einem Rasterhintergrund. Er erlangte Berühmtheit mit seinen Fotosequenzen menschlicher Akte bei verschiedensten Tätigkeiten. Mathias Schwerbrock zeigt die Tänzerin Britta Lieberknecht im Stile Muybridges in rhythmisierter Superslowmotion in der Bewegung des Gehens. Die Kamera zerlegt den Körper und zeigt den Fluss der Bewegung durch den Körper selbst und durch den Raum. Während die Soundtrack das sich Erheben des Menschen auf 2 Beine in der Steppe der Urzeit andeutet sehen wir aus interessanten Perspektiven den Körper bei der Bewältigung seiner elementarsten Fortbewegung. Die Komplexität und Schönheit des menschlichen Gangs tritt auf eindrucksvolle Weise hervor.

IRXSPROCKS HORIZONT

Der Solotanz bildet den zweiten Teil des Programms. Ausgehend von Muybridges Betrachtungsweise des Körpers erfand Britta Lieberknecht ein choreografisches Raster zur Konstruktion der Bewegungsabläufe. Inspiriert auch von Trisha Brown nutzte sie Vektoren und ein geometrisches System zur Bestimmung der Bewegungen bestimmen und entwickelte sie zu einer organischen Choreographie weiter. Auf diese Weise ist hinter den weich fliessenden Bewegungen eine hohe räumliche Präzision und geometrische Facette spürbar, die dem Tanz seinen Charakter verleiht. Die Tänzerin benutzt anstelle eingespielter Musik ihren eigenen Atem. Sie singt nahezu ihren Atem zur Bewegung in rhythmischen Motiven, die sie steigert und sich wieder beruhigen lässt. Dadurch wird ihr Tanz emotional und immer intensiver. Es ist als würde sie der Konstruktion eine Seele einhauchen. Während sie mit Mustern und Variationen den Sinn der Zuschauer fürs Kompositorische anspricht schafft sie mit ihrem Atemgesang Tiefe, die anrührend und leidenschaftlich ist.

BARBIEHYPNOSE

thematisiert Verführung und Sexualität. Humorvoll bringt Britta Lieberknecht die Mechanismen des erotischen Voyerismus auf den Punkt und ins Wanken. 2 Videosequenzen wechseln mit 2 Tanzpassagen auf einem Podest.
Das Video zeigt die Augen eines Mannes, die zu Tablaklängen unablässig kreisen und zucken. Lieberknecht tanzt in weissen Dessous und pinker Perücke einen Tanz aus Hüftschwüngen und Beckenkreisen, der keinen Zweifel lässt: sie hat das Augenpaar hypnotisiert. In der darauffolgenden Filmsequenz ist die Zunge des Mannes zu sehen. In einer verblüffenden Choroegrafie aus züngeln, lecken und kreisen verändert die Zunge ihre Gestalt: sie bekommt ein Eigenleben als kratürlicher muskulöser Weichkörper mit deutlich sexueller Anspielung . Britta Lieberknecht tanzt wieder und plötzlich ist alles verdreht: beim zweiten Blick sehen die Zuschauer, dass sie die Perücke herumgedreht vor dem Gesicht hat und mit der Vorderseite zum Publikum tanzt als wäre es ihr Rücken- die Brüste scheinen die Schulterblätter zu sein und die ihr muskulöser Bauch wirkt wie der Rücken- es entsteht eine starke Androgynität. Weiblich, männlich, Verführung und Anmache bekommen neue Positionen: alles ist möglich, alles ist offen. In BARBIEHYPNOSE wird am Gender gerüttelt und der menschliche Körper provozierend dargestellt.

MUYBRIDGE TÄNZE

3-teiliges Soloprogramm

Film „Muybridge Tänze“ s/w 10 Minuten von Mathias Schwerbrock
Darstellerin: Britta Lieberknecht

Tanz „Irxsprocks Horizont“
Solotanz von Britta Lieberknecht
Dauer: 24 min.

Tanz und Videofilm „Barbiehypnose“
Solotanz und Film: Britta Lieberknecht
Musik: Willy Daum, Zakir Hussein
Darsteller: Reinhard Gerum
Kamera: Gerrit Busmann
Kostüme: Britta Lieberknecht
Dauer: 25 min.

Videostills: Mathias Schwerbrock, Gerrit Busmann

Im Soloabend MUYBRIDGE TÄNZE geht Britta Lieberknecht von der Bewegungsfotografie Edward Muybridges aus und zeigt drei spannende und höchst unterschiedliche Kreationen.

Bühne ca. 9x9m, Videobeamer, Projektionsleinwand