BOMBSVILLE ist kreative Zerstörung. Ein Paar nimmt seine Wohnung auseinander, zertanzt, zerspielt und zerstört mutwillig die komplette Einrichtung, bis es am Ende aussieht als hätte eine Bombe eingeschlagen. Die Befreiung vom Alltag, von Gewohnheiten, die Entledigung von Besitz ist total und radikal. Am Ende stehen sie nackt vor einem ungewissen Neubeginn.

Das Paar überschreitet Grenzen, in kooperativer Gewalttätigkeit gegen Objekte und manchmal im Geschlechterkampf. Wut, Lust und Neugier treibt sie an sich neu zu entdecken. Mit unwahrscheinlichem Körpereinsatz wirken sie auf ihre Möbel ein bis die zersplittert, zerfetzt, verbogen und zerbrochen sind. Sie spielen miteinander, messen ihre Kräfte, verführen einander und suchen neuen Kontakt zum Gegenstand indem sie ihn zweckentfremden. In einem Regal schlafen, mit Besteck werfen, mit Tischen aufeinander einschlagen, das Bett tanzen lassen, mit der Stehlampe den Raum ausloten, mit Büchern stürzen, wie eine Spinne an der Kaffemaschine hängen. Die Frau rächt sich am Mobiliar das sie pflegen soll, sie zerschlägt und zerreisst einen Polsterstuhl ohne Werkzeuge nur mit ihrem Köper bis der letzte Draht aus seinem Inneren zerlegt ist. Als alles als Müll in der Ecke liegt beginnen sie die Kleidung zu zerreissen. Tatsächlich zerreissen sie einander in einem wahnwitzigen Akt Hosen, Hemden und zuletzt die Unterwäsche. Es ist klar erkennbar: die Aktionen sind echt und die Kleidung reagiert auf umwerfend komische Weise. Zuletzt wirft der Mann einen Pflasterstein in den Fernseher, der mit lautem Knall implodiert, befreit sich vom Medium das manipuliert und gleichschaltet, die Lebensweisen standardisiert. Nebeneinander stehend einen Kürbis an den nackten Leib gedrückt betrachten sie die rauchenden Trümmer, ein hoffnungsvolles Bild des Ausbruchs und des Aufbruchs. BOMBSVILLE ist keine Orgie, mit Ernsthaftigkeit und Ausdauer führen die Akteure ihr Werk durch. Ist es vielleicht nur Ausdrucks des Lebens, in dem alles verbraucht und irgendwann zu Müll wird? Eine Art Zeitraffer der zeigt, dass Arbeit immer auch Verbrauch und Zerstörung bedeutet? Die drastische Darstellung von Konsum? Die Bilder sind vielfältig und offen. Wenn bei der Verbeugung die vollständig erschöpften Performer ihrem Publikum gegenüberstehen, sind die Grenzen wirklich überschritten worden und im Zuschauerraum ist die Wirkung spürbar.

Le Soir

von Jean-Marie Wynants

“Man muss es gesehen haben, um es zu glauben...Britta Lieberknecht, Tänzerin, und Reinhard Gerum, Schauspieler, ist da ein Spektakel gelungen, haarsträubend, gewalttätig und lustig, nicht ohne an einige Szenen von Zulawski zu erinnern... mit elektrisierenden Bildern, sie sind so unglaublich tough, dass „Fatal Attraction“ dagegen wie eine Kindergartengeschichte wirkt.“

TAZ Bremen

von Beate Ramm

“Ein Gesamtkunstwerk das den Dingen und Menschen neue Bestimmungen zuführt.“

BOMBSVILLE

Tanztheater

Dauer: 60 Min.
Von und mit Britta Lieberknecht und Reinhard Gerum
Lichtdesign: Marco Forcella
Musik: Mike Batt
Text: Daniil Charms
Videodokumentation: Filmcoop Schlachthof Bremen
Trailer: Mathias Schwerbrock
Videostills: Filmcoop Schlachthof Bremen